2. März 2015
Arbeitgebermarke bringt Bewerbungen
Autor: Peter Ilg, Journalist
Employer Branding dient nicht dem Selbstzweck, sondern der Gewinnung neuer Mitarbeiter. Diese interessiert: was macht das Unternehmen einzigartig und als Arbeitgeber attraktiv? Informatiker interessiert vor allem: Future-Technology. Dass es solche im Unternehmen gibt, kann die Arbeitgebermarke vermitteln. Oder Mitarbeiter. Denn die sind hervorragende Botschafter. Ein Viertel aller Stellen wird durch persönliche Kontakte besetzt.
Der Arbeitsmarkt ist gewaltig in Bewegung. Im Jahr 2013 haben deutsche Unternehmen rund 4,9 Millionen Mitarbeiter neu eingestellt. Das teilt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB, im Herbst 2014 mit. Das IAB ist die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Etwa die Hälfte der neu eingestellten Mitarbeiter kam aus einem anderen Beschäftigungsverhältnis. Unzufriedenheit mit dem alten Arbeitgeber oder aber der Wunsch nach Veränderung sind Wechselgründe. Aufbau und Pflege einer Arbeitgebermarke macht also durchaus Sinn.
Persönliche Kontakte
Auch wenn rund ein Viertel der Stellen durch persönliche Kontakte oder über die eigenen Mitarbeiter besetzt werden, bleiben immerhin noch drei Viertel unbesetzt. Mit deutlichem Abstand auf persönliche Kontakte folgen Stellenanzeigen in Zeitungen, Internet-Stellenbörsen, Kontakt zur Arbeitsagentur oder private Stellenvermittler.
Zu wenige geeignete Bewerber und mangelnde berufliche Qualifikation sind die wichtigsten Probleme der Unternehmen bei einer Stellenbesetzung. Die Akzeptanz von Arbeitsbedingungen sowie Einkommensforderungen werden nachrangig als Gründe für Besetzungsschwierigkeiten genannt. Aber wenn Unternehmen Kompromisse eingehen, so geschieht das zunächst beim Einkommen. Das geschieht seltener hinsichtlich Qualifikation oder Berufserfahrung von Bewerbern. Die Unternehmen scheinen also zunehmend Wert auf geeignetes Personal zu legen. Dafür sind sie dann auch bereit, höhere Löhne als ursprünglich gedacht zu zahlen.
Talente ziehen andere an
Seitenwechsel! Und was wollen Arbeitnehmer? Die BSI Business Systems Integration AG, Hersteller eines CRM-Systems, hat 200 Informatik- und Mathematik-Studenten befragt, was sie von ihrem künftigen Arbeitgeber erwarten. Absolventen in Deutschland wählen ihren Arbeitgeber vor allem nach dessen Fachbereich oder Technologie aus. Die Branche ist ebenfalls relevant für die Wahl des Arbeitgebers. Ob dieser für bekannte Kunden arbeitet, spielt keine so große Rolle. Immens wichtig sind hingegen die zukünftigen Arbeitskollegen: 96 Prozent der Studenten gaben an, dass bei der Wahl ihres Arbeitgebers die Kollegen in spe über Zu- oder Absagen entscheiden. Mehr als die Hälfte würde am liebsten mit herausragenden Programmiertalenten in einem technologisch innovativen und jungen, selbständigen Team arbeiten. Nur jeder Zehnte will mit Anzug und Krawatte zur Arbeit gehen, die meisten wünschen sich lieber leger zu kleiden.
Hinsichtlich des Arbeitsorts haben die Studenten keine konkreten Präferenzen, wohl aber, was die Region betrifft: München, Stuttgart und das Rhein-Main-Gebiet stehen hoch im Kurs. Die Größe des potentiellen Arbeitgebers spielt für knapp zwei Drittel der Studenten keine entscheidende Rolle. Ein Viertel bevorzugt kleinere Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern. Wiederum ganz wichtig sind den Studenten und Absolventen die Entwicklungsmöglichkeiten. Drei Viertel haben Karriere-Ambitionen, möchten sich weiterentwickeln und Verantwortung übernehmen. Die beliebtesten Arbeitsplätze sind in der Produktentwicklung, im Software-Engineering oder der Produktimplementierung bei Kunden.
Trümpfe ausspielen
Soviel zur Sachlage beider Seiten. Nun müssen sie sich nur noch finden. Das Unternehmen seinen neuen Mitarbeiter und dieser das Unternehmen, in dem er gerne arbeiten würde. Was ganz wichtig für die Unternehmen ist: „Sie sollten ihre Trümpfe auf allen Kanälen des Employer Branding ausspielen“, sagt Martin Vesterling, Inhaber der gleichnamigen Personalberatung mit Zentrale in München. Allen voran in Stellenanzeigen, auf der eigenen Karriere-Website und in Flyern, die bei Absolventenmessen verteilt werden. Der erfahrene Berater weiß, was bei Informatikern sticht: „Spannende und herausfordernde Tätigkeiten unter Einsatz modernster Technologien.“ Die sind insbesondere in der schnelllebigen IT wichtig. „IT-Spezialisten fühlen sich in einem innovativen Umfeld mit Gleichgesinnten am wohlsten.“
Falls vorhanden, lassen sich Arbeitgebervorteile gut, eventuell auch audiovisuell auf der Karriereseite darstellen. Doch es fällt ausgerechnet IT- und Telekommunikationsfirmen schwer, sich für Bewerber gut im Netz zu präsentieren, so die Studie ‚Best Recruiters 2014/15‘. Von 24 untersuchten Branchen landet die IT nur auf Platz 16. Ausgezeichnete Unternehmen stellen besonders viele Informationen für Bewerber auf ihren Karrierewebseiten bereit und kommunizieren vorbildlich mit ihren Bewerbern. Platz 1 unter den IT-Unternehmen belegte in der Studie der IT-Dienstleister Bechtle, gefolgt von E-Plus Mobilfunk und der Software AG.
Talent Acquisition
Zurück zur Untersuchung des IAB. Danach geht die erfolgreichste Suche über den persönlichen Kontakt. Wie aber knüpft man Netzwerke mit potentiellen Mitarbeitern? Große Unternehmen haben dafür Talent Acquisition Manager. Das sind hauptberufliche Netzwerker. „Für kleine und mittlere Unternehmen lohnen sich solche Spezialisten nicht, daher ist es für sie eher schwierig, persönliche Kontakte zu potentiellen Mitarbeitern aufzubauen“, sagt Vesterling. Aber nicht unmöglich. Ein wirksamer Auftritt in professionellen Social Media Kanälen wie XING und LinkedIn sind eine Alternative. Oder man kauft sich aussichtsreiche Kontakte ein in einer spezialisierten Personalberatung wie Vesterling.
Gastautor: Diplom-Betriebswirt Peter Ilg, Journalist (Management, Karriere, Informationstechnologie)